Auch im achten Wiener Gemeindebezirk wird Wein angebaut. 2023 wurde der „Josefstädter Wein“ bei der Landesweinbewertung mit der Goldmedaille ausgezeichnet. Die Kulturfüchsin traf Weinbauer Michael Höfler zum Business-Plausch bei einem Grünem Veltliner.
Herr Höfler wir sitzen hier und trinken einen wunderbaren Wein mit Trauben aus der Josefstadt, einem Bezirk, der – obwohl er eine Geschichte als Weinanbaugebiet hat – nicht gerade für seinen Weinanbau bekannt ist. Wie kam es dazu, dass heute wieder Trauben aus der Josefstadt in die Flaschen kommen?
Auf die Idee in der Josefstadt Trauben anzubauen und diese auch für die Weinerzeugung zu verwenden, bin ich über aufgrund einer wissenschaftlichen Untersuchung zum Thema Lebensmittelunverträglichkeiten, speziell zum Honig, gekommen. Das Ergebnis hat gezeigt, dass wenn Honig aus der Region stammt, in der man selbst lebt, tendenziell besser vertragen wird. Wir Menschen waren es bis vor zwei Generationen gewohnt sehr standorttreu zu sein, man hat nicht wie heute im Zuge der Globalisierung Lebensmittel über die halbe Welt gekarrt und verschifft; Jahrtausende gab es immer das zu essen, was dort gewachsen ist, wo man sich aufgehalten hat. Der Mensch konnte sich viel besser auf sein Nahrungsangebot aus seinem Umfeld einstellen. Es mag übertrieben klingen, dass auch mit dem Wein zu machen, aber ich fand und finde ich den Gedanken einfach schön.
Dass wir das Projekt konkret in der Josefstadt gestartet haben, hat damit zu tun, weil ich dort mehrere Bekannte habe, die gesagt haben: okay, probieren wir das aus. Aus diesen Versuchen ist über die letzten Jahre eine größere Community geworden und mittlerweile bauen wir auf mehreren Dachterrassen an. Im ersten Jahr haben wir vor allem im Bereich Tigergasse eine Dachterrasse und Balkone mit Reben ausgestattet. In der Lerchenfelderstraße haben wir mittlerweile einen Weingarten mit 15 Weinstöcken auf einer Dachterrasse. Einige Leute aus dem siebten Bezirk haben mitbekommen wie wir im achten Bezirk Rebstöcke ausgeliefert haben und gesagt, dass sie auch gerne ein paar hätten. Deswegen haben wir das Anbaugebiet von der innerstädtischen Riede bis zur Mariahilfer Straße erweitert. Bei der Mariahilferstraße haben wir zwar nur einen Weinstock, aber der liefert jedes Jahr einen sehr guten Ertrag mit wunderschönen Trauben, weil sich die Besitzerin so wundervoll darum kümmert.
Wie viele Weinbeeren aus dem siebten und achten Bezirk sind wirklich im Wein?
Wir machen zwischen 300 und 400 Liter im Jahr, da hält sich der Anteil natürlich in Grenzen. Aber es sind doch einige Kilo. Diese werden einmal im Jahr gemeinsam mit unseren Trauben aus der Bisamberger Top-Riede Wiesthalen verarbeitet, vergoren und abgefüllt.
Wenn ich auch mit Ihnen Wein anbauen möchte, wie komme ich zu einem Rebstock?
Wein braucht Sonne und viel Licht. Wenn es zu schattig ist, dann wird das nichts. Mit ein paar Stunden Sonne am Tag geht das allerdings schon. Man muss es einfach ausprobieren. Am besten, einfach bei uns melden. Wir brauchen allerdings etwas Vorlaufzeit. Wir setzten die Reben immer im Frühjahr ein und lassen sie ein Jahr im Topf anwachsen und stützen sie. Nach dem ersten Jahr entwickeln sich das erste Mal Blätter, vielleicht der eine oder andere Stock sogar schon die ersten kleinen Trauben. Spätestens dann liefern wir aus. Über das Jahr verteilt schicken wir Pflanztipps, zum Beispiel wie schneide ich zurück, und auch tierische Schädlinge sind immer wieder ein Thema. Speziell wenn die Trauben schon in die Reife kommen, sind auch sehr viele Vögel da. Da muss man Schutzmaßnahmen ergreifen, dass man zumindest ein paar Netze über die Trauben spannt, beziehungsweise kann es auch sein, dass man mit Blattläusen zu tun hat. Wir schauen, dass wir das Ganze so gut es geht, biologisch in den Griff bekommen. Ich bekomme zum Beispiel öfters Fotos von Bekannten geschickt, die mich fragen, ist das normal? Meistens kann ich beruhigen oder ich komme mit einer kleinen Spritze und behandle die Stöcke. Einmal im Jahr hole ich die Trauben ab.
Wie sind Sie generell zum Weinbau gekommen?
Ursprünglich wollte ich nur ein kleines Hütterl am Bisamberg mit einem kleinen Weingarten, wo ich nach der Arbeit hinfahre, mir ein Flascherl aufmache und auf die Stadt runterschaue und entspanne. Ein Kunde von mir hat mir damals, wie ich ihm von meinen Plänen erzählt habe, gesagt, dass er ein paar Weingärten hat und einen Weinbauer, der ihm alles macht und der bereit wäre, auch etwas von seinem Anbaugebiet verkauft. Als wir zu seiner Hütte in den Weingärten gefahren sind und zwei Flaschen Wein getrunken haben, meinte ich, dass es mich auch interessieren würde Wein selbst anzubauen und zu kultivieren. Als wir dann die dritte Flasche geöffnet haben, hat er zu mir gesagt: ‚passen‘S auf, ich gehe bald in Pension, Kinder habe ich auch keine, wenn Sie wirklich Wein machen wollen, überlegen Sie sich, ob Sie nicht das ganze Weingut übernehmen wollen´. Und so sind aus den geplanten 300 Quadratmeter über drei Hektar geworden. Ich habe dann zunächst angefangen als Knecht am Hof mitzuarbeiten. Nachdem ich mich im ersten Jahr nicht ganz so ungeschickt angestellt habe, hat der Weinbauer gesagt, ihm tut die Hüfte schon so lange weh, er lässt sie sich jetzt machen – so habe ich das Traktorfahren gelernt und alles, was die Weingartenpflege betrifft. Im zweiten Jahr meinte er, das hat super funktioniert, jetzt mache ich mir die zweite Hüfte. Das war kurz vor der Lese – so habe ich das Organisieren der Lese und die Kellereitechnik kennengelernt. Parallel zu meiner Arbeit am Hof habe ich in Krems die Weinbauschule besucht und 2019 meinen Lehrabschluss gemacht. Herr Riegler ist 2019 in Pension gegangen und seitdem führen wir den Weinbaubetrieb. Den Josefstädter Wein machen wir – Herr Riegler heißt übrigens auch Josef – nach wie vor immer gemeinsam.
Der „Josefstädter Wein“ ist ein Grüner Veltliner. Warum gerade diese Traube?
Der Veltliner ist für Wien typisch. Er ist auch bei den meisten gemischten Sätzen die Grundsorte. Die weltweist meist ausgebaute Sorte beim Weißwein ist allerdings Chardonnay. Die Traube wird deswegen gerne genommen, weil sie sehr pflegeleicht ist – sie liefert stabile Erträge und ist sehr anspruchslos gegenüber den Böden. Es gibt eine Rebsorte, die noch anspruchsloser und einfacher ist, und das ist der Veltliner. Scherzhaft könnte man sagen: der gelernte Österreicher hat einen Weg gefunden noch weniger im Weingarten zu machen.
Wie würden Sie den „Josefstädter Wein“ beschreiben?
Betont fruchtig und mit dreizehneinhalb Prozent Alkohol sehr kräftig. Es ist ein kräftiger, aromatischer Wein. Ein Wein, der Lust und Laune macht. So wie es für die Josefstadt passend ist.
Welche Gerichte empfehlen Sie als Speisebegleiter?
Der Wein passt gut zu Fisch, beispielsweise zum kalten Saibling als Vorspeise. Generell passt er perfekt zur Wiener Küche. Vom Schnitzel bis zu Innereien ist er sehr universell einsetzbar.
Bleibt natürlich noch die wichtige Frage: Wo bekomme ich den „Josefstädter Wein“?
Auf unserer Hompage www.Ausblick.wien haben wir einen Webshop. Ab zwölf Flaschen liefern wir in Wien kostenlos. Man kann ihn natürlich auch ab Hof beim Ausblick-Wien Heurigen kaufen.
Lieber Herr Höfler, vielen Dank für das Gespräch und nochmals Prost.
Ausblick Wien
Der Heurige wurde vor kurzem als einer der fünf schönsten Heurigen Wiens ausgezeichnet.
Aktuelle Öffnungszeiten (23. August bis 1. November 2024):
Donnerstag/Freitag ab 15 Uhr
Samstag/Sonntag und an allen Feiertagen ab 11.30 Uhr
Reservierungen online bis circa sechs Stunden vor dem Besuch möglich. Sonst telefonisch: 0660/4633537
www.Ausblick.wien
Ganzjährig Buschenschankbetrieb im Weinkeller
www.derweinkeller.wien
Josefstädter Wein:
Kosten: 16,50 Euro ab Hof
Teilen mit: